Heidenheim. Die evangelische Christenheit im Kirchenkreis Heidenheim trauert um den Ruhestandspfarrer Ulrich Stöhr, der am Montag, 22. Januar im 91. Lebensjahr gestorben ist und einst in Stuttgart das Licht der Welt erblickt hat. Bis Sommer letzten Jahres hatte Ulrich Stöhr immer wieder noch als Seelsorger und Prediger dort ausgeholfen, wo Not am Pfarrer herrschte – besonders im Versöhnungsgemeindehaus. Dieser Dienst war ihm Berufung, war ihm Herzensangelegenheit.

Die letzten Monate seines Lebens waren gesundheitlich beeinträchtigt. Doch zu sehr litt Ulrich Stöhr nach dem Tod seiner Ehefrau Leni.

Der engagierte Geistliche hat Kirchengeschichte in Heidenheim und weit darüber hinaus mitgestaltet. Er war in Lauchheim unweit von Bopfingen seit 1959 Gemeindepfarrer, als ihn 1971 eine Delegation der Waldkirchengemeinde Heidenheim besuchte und sehr schnell nach dem Kirchgang in Waldhausen sich einig war: „Des ischt onser nuier Gemeindepfarrer.“ Zunächst zierte sich Ulrich Stöhr: „Ich bin doch eher ein Pfarrer auf dem Lande als zum Stadtpfarrer geboren.“

Mit der Selbsteinschätzung ist das manchmal so eine Sache. Stöhr folgte dem Ruf nach Heidenheim in die Oststadt. Der Nachfolger von Pfarrer Hans-Otto Etzold fand dort eine Waldkirche vor, die ein eher schmuckloser Holzbau war und beim sonntäglichen Gottesdienstbesucher viel zu klein gewesen ist. In die Ära Stöhr fiel die Entscheidung, notgedrungen dieses Kirchlein durch einen modernen Neubau zu ersetzen. Mächtig viel Leben zog ein, das Gemeindeleben florierte und das sprach sich natürlich herum.

Umso schmerzlicher kam es Leni und Ulrich Stöhr an, sie wohnten längst auf dem Mittelrain im Ruhestand, als aus der einst durch Landesbischof Helmut Class (1975) geweihten Kirche nach deren Entweihung ein Notquartier für Flüchtlinge gemacht wurde (und letztlich kaum gebraucht wurde, weil inzwischen die Zahlen doch enorm eingebrochen waren). Die Gemeindeglieder, die sich vergeblich gegen die Entwicklung gestemmt hatten, wanderten bitter enttäuscht in andere Kirchengemeinden ab.

Ulrich Stöhr war ein Leben lang mit dem Gustav-Adolf-Werk verbunden, kümmerte sich um die Aus- und Übersiedler im Übergangswohnheim und war ein zuhörender wie tröstender Seelsorger in zwei Altenheimen in seinem Kirchspiel. Gut war auch die Zusammenarbeit mit dem Kinderwerk Lima. 17 Jahre lang diente er unter den Dekanen Hans Lempp und Traugott Scheytt als Dekan-Stellvertreter.

In der 11. Landessynode war Ulrich Stöhr Alterspräsident. Diesem Kirchenparlament gehört Stöhr für den Gesprächskreis „Lebendige Gemeinde“ zwei Wahlperioden an und leitete den Rechtsausschuss. Zusammen mit dem unvergessenen Heidenheimer Schuldekan und späteren Synodalpräsidenten Horst Neugart wurde engagiert Kirchenpolitik gemacht.

Wie beliebt doch Ulrich Stöhr und seine Frau Leni in allen Altersgruppen der Waldkirchengemeinde waren, ist eindrucksvoll dokumentiert in einer Sonderausgabe des Gemeindebriefs unter der Schriftleitung von Diakon Jürgen Diether. Darin kam viele, auch der damalige Regionalbischof und Prälat Rolf Scheffbuch (Ulm) zu Wort: „Ich habe Dir zu danken für vier Jahrzehnte brüderliche Verbundenheit und für alles Zusammenhalten in schwierigen Jahren unserer Kirche“.

Klaus-Dieter Kirschner